Die Sehnsucht nach München besteht zu einem guten Teil auch aus Vorfreude auf die bayerische Küche. Was könnte also besser auf einen Besuch der Stadt vorbereiten, als ein Krustenbraten aus dem eigenen Ofen? Der Münchner Koch Sven Christ zeigt, wie man bayerische Spezialitäten in einer ganz normalen Küche und mit gut verfügbaren Zutaten selber macht. Dieses Mal: Schweinsbraten mit selbst gedrehten Knödeln.
Zuerst das Gemüse ungeschält in Würfel schneiden, und in der Reine für den Braten mit etwas Öl im Ofen bei 170 Grad anrösten. Dann die Schweineschulter auf der Fettschicht mit einem sehr scharfen Messer ca. 5 mm tief rautenförmig einschneiden. Die Fettschicht mit Salz einreiben. Die Schulter zusammen mit dem Kümmel, Piment und Wacholder in die Reine geben (die Fettseite nach oben) und die Hitze auf 160 Grad reduzieren.
Nach 10 Minuten das Bier und das Wasser zugeben und das Fleisch umdrehen. Die restlichen Gewürze und die Breze zugeben. Den Braten ca. 1 Stunde braten. Dann das Fleisch umdrehen und weiter 30 Minuten braten, dabei immer schauen, ob die Kruste schon steigt. Jetzt etwas Salz mit Wasser verrühren und bereithalten. Die Reine mit dem Braten aus dem Ofen nehmen und das Gemüse mit der Soße in eine Kasserolle gießen. Manche pürieren das Gemüse zur Bindung, aber ich reduziere lieber die Soße und gebe zum Schluss etwas kalte Butter hinzu.
Der Braten wird auf der Kruste mit Salzwasser eingestrichen und kommt wieder in den Ofen, der jetzt auf 180 Grad hochgestellt wird. Die Reine steht auf einem Gitter der untersten Stufe, jetzt immer die Kruste im Auge behalten! Wenn sie schön goldbraun und voller Blasen ist, schmeckt sie am besten.
Die Soße sollte um die Hälfte reduziert sein und schön sämig glänzen.
Die Kartoffeln schälen und die Hälfte davon kochen oder dämpfen, bis sie weich sind. Die andere Hälfte reiben und in einem Tuch gut ausdrücken, damit die Flüssigkeit herausgeht. Die Breze in kleine Croutons schneiden und in etwas Öl in einer Pfanne anrösten. Die beiden Kartoffelmassen zusammenbringen und mit dem Quark, Eigelb, Salz und Muskat vermengen. Die Stärke langsam hinzugeben.
Eine Portion Teig in der linken Hand flach drücken, zwei Croutons hineingeben und den Knödel verschließen. Auf diese Weise alle Knödel vorbereiten und in der Zwischenzeit einen Topf mit gesalzenem Wasser zum Kochen bringen, dann die Hitze herunterschalten und die Knödel hineingeben. Etwa 25 Minuten im heißen Wasser ziehen lassen. Wenn sie von selbst aufsteigen, sind sie fertig.
(am besten am Vortag ansetzen)
Den Spitzkohl der Länge nach vierteln, den Strunk entfernen und in feine Streifen schneiden. Diese in einer Schüssel mit dem Apfelessig, Salz und Zucker vermischen und zwei Minuten lang kräftig kneten. Den Kümmel ohne Fett in einer Pfanne erhitzen, bis er anfängt zu duften, dann zum Kohl geben.
Vom Bauchspeck die Schwarte entfernen und dann den Speck in feine Würfel schneiden. die Würfel ohne Zugabe von Fett langsam in einer Pfanne knusprig braten. Die Würfel abtropfen lassen und zum Kohl geben. Alles noch einmal vermengen und abgedeckt im Kühlschrank ziehen lassen.
Nach fünf Stunden (am besten über Nacht) mit gehackter Petersilie und etwas Sonnenblumenöl vermischen und anrichten.
Wer in Bayern lebt, kennt die sonntägliche Pilgerfahrt. Nicht unbedingt in die Kirche, sondern in die Wirtschaft des Vertrauens, wo der beste Schweinsbraten serviert wird. Das kann im Umland sein, etwa in Aying oder Glonn, oder in der Stadt in den einschlägigen Schwemmen und Gasthäusern. Man trifft sich sonntags eben gern auf „an Schweinsbraten“.
Tagsüber mögen wir ihn noch lieber als am Abend, denn auch der ganze Kümmel reicht oft nicht, den Schweinsbraten zu verdauen, besser also, wenn man danach noch eine Stunde Spaziergang dranhängt. Zum Schweinsbraten gibt es meist ein Helles oder ein Dunkles, selten ein Weißbier, denn das macht schon satt und ist eh reichlich in der Soße enthalten.
Zum Schweinsbraten gibt es meist ein Helles oder ein Dunkles, selten ein Weißbier, denn das macht schon satt und ist eh reichlich in der Soße enthalten.
Bis zu diesem Punkt ist man sich in München meistens einig, aber dann gehen die Ansichten schon wieder auseinander: Der Braten von der Schulter oder aus dem Bauch? Mit Semmel- oder Kartoffelknödel? Oder von jedem einen, mit Krautsalat oder mit Blaukraut, Dunkelbier oder Knochensoße? Resch muss er sein, schön knusprig, frisch aus dem Rohr und keinesfalls aufgewärmt und: viel Soße!
Als Gastgeber*in sollte man jedenfalls einen festen Standpunkt vertreten. Im hier vorgeschlagenen Rezept wird also der Schweinsbraten vorgestellt, wie es ihn bei mir und in der Familie, aus der ich komme, schon immer so gegeben hat. Das Stück kommt aus der Schulter, und zwar nicht nur ein Stück, sondern einfach die ganze Schulter, die ca. 2–3 Kilogramm wiegt. Der Braten verliert ja an Volumen, deshalb bleibt sicher noch etwas übrig, es muss sogar, denn sonst war es zu wenig und man kann sich am nächsten Tag auf nichts mehr freuen, zum Beispiel ein Brot mit kaltem Braten und Meerrettich oder ein Gröstl.
Einen Schweinsbraten zu machen, erfordert viele kleine, präzise Schritte. Mit der Zeit verinnerlicht man diese aber so sehr, dass es auch keine Mühe mehr macht, dieses Gericht herzustellen.
Einen Schweinsbraten zu machen, erfordert viele kleine, präzise Schritte. Mit der Zeit verinnerlicht man diese aber so sehr, dass es auch keine Mühe mehr macht, dieses Gericht herzustellen. Es ist eine liebevolle Arbeit, deren Erfolg man ja auch schnell selbst erleben kann, und das Gefühl in mir ist wie eine uralte, tief sitzende Freude, die mich immer wieder in meine Familie zurückholt, als mein Opa und meine Oma noch am Tisch saßen oder ein paar der unzähligen Onkel und Tanten.
Gerichte werden oft als heimatverbunden oder gar als Identifikationsstifter betitelt. Beim Schweinsbraten kann ich dann auch von „unserm“ Gericht sprechen, ein gemeinsamer Nenner im Freundeskreis, ein Tisch, an dem man immer etwas enger zusammensitzt.
Ein Braten vom Bauch wird schön zart, das ist richtig, hat mehr Kruste und ist einfacher zu machen, dafür schmeckt die Schulter intensiver und saftiger. Der Bauch ist fetter, man braucht mehr Kümmel, man kann aber das erkaltete Bratfett auch köstlich aufs Brot schmieren und im Stehen naschen.
Eines darf man auf keinen Fall: Manche Grill- oder Fleischpäpste empfehlen, Ananassaft in den Braten zu injizieren, damit die Enzyme das Fleisch zarter machen, was für ein Fauxpas! Da sich Bier im Rezept befindet und wir auch keine Zitronenscheiben im Weißbier tolerieren, ist also die Zugabe von Obst beim Schweinsbraten strikt zu vermeiden. Der Fruchtzucker und ein leichter Ananasgeschmack haben im Braten nichts zu suchen.
Die Fettschicht unter der Haut darf gerne fingerdick sein, die schneiden wir mit dem schärfsten Messer rautenförmig ein. Gesalzen wird vom Schweinsbraten ausschließlich die Fettschicht, aber diese reichlich und gut massiert. So wird das Fleisch nicht zu trocken, aber vom heruntertropfenden Fett wird das Salz um und durch die Schulter transportiert.
Die Soße zieht der Profi vom Knochen, dafür haben wir aber weder die Zeit noch die Möglichkeiten, das lohnt sich wirklich erst ab drei Litern. Also gibt es das Röstgemüse von der Zwiebel, Knollensellerie und Petersilienwurzel und Karotte, schön angeröstet und mit dem Braten ins Rohr geschoben. Zusammen mit dem Bier entwickelt sich eine wunderbare Soße, und jetzt kommt auch der erste essenziell wichtige Handgriff.
Im Moment, wenn das Bier angegossen wird, soll der Braten auf der Schwarte liegen, damit sich diese mit Flüssigkeit vollsaugt, sie wird erst nach 30 Minuten gedreht. Dadurch schwillt die Schwarte an und entwickelt sich zu einer durchgehend reschen Kruste. Beim angegossenen Bier entscheide ich mich meist für ein dunkles Bier und ein Malzbier, das ergibt genug Soße, diese wird nicht zu bitter und bekommt eine schöne Farbe.
Zum Schweinsbraten gibt es bei mir Kartoffelknödel und Krautsalat. Ich liebe es, wenn der Krautsalat sich mit der Bratensoße vermischt! Die Knödel schön fluffig und mit Brezencroutons gefüllt, damit sie beim Kochen nicht reißen. Für die Halb-und-halb-Knödel brauchen wir mehligkochende Kartoffeln, die Hälfte kochen oder dämpfen wir vor und zerstampfen sie, die andere Hälfte reiben wir sehr fein.
Beides ringen wir nun zu einem Teig zusammen, ein Esslöffel Stärke kann nicht schaden und ein Löffel Quark, dann den Teig formen und die Croutons darin unterbringen, gleich große Knödel formen und in heißem Salzwasser ziehen lassen, bis sie von selbst aufsteigen.
Wenn alles fertig ist, die Soße abgegossen und reduziert, die Kruste noch einmal mit Salzwasser gepinselt wurde und superknusprig knistert, geht es ans Portionieren. Zwei Knödel pro Person sollten es schon sein und zwei Scheiben Braten. So habe ich es gelernt und komme damit gut durch. Bei vier bis sechs Personen reicht dann der Braten bestimmt, und es bleibt eventuell noch etwas über.
Die Frage nach dem Dessert ist hier noch nicht gestellt, denn das erlebe ich selten. Einen Schnaps oder einen Spaziergang vielleicht, eine Stunde später kann man dann mal über einen Kaffee reden oder sogar etwas Kuchen.